«Im Vertrauen auf das Evangelium» – so beginnt die Kirchenordnung unserer Landeskirche. Man spricht oft vom Evangelium, ohne dass man sich die Mühe macht, zu sagen, was man unter dieser «guten Nachricht» (so die Bedeutung dieses griechischen Wortes) versteht. Es passt zum heutigen Zeitgeist, dass man ausweicht vor klaren Antworten. Doch das Evangelium ist zu wichtig, als dass man die Menschen darüber im Dunklen lassen könnte.
Eine der ältesten Schriften des Neuen Testaments ist der 1. Korintherbrief. Hier spricht Paulus im 15. Kapitel von dem Evangelium, das auch er (obwohl er Zeuge des auferstandenen Jesus war) von den ersten Nachfolgern Jesu gelernt hat. Das Evangelium bedeutet hier:
1.) Jesus Christus ist für unsere Sünden gestorben.
2.) Jesus Christus ist von den Toten auferstanden am dritten Tag (d.h. am übernächsten Tag nach unserer Zählweise).
Das ist der Kern des Evangeliums. Doch diese geschichtlichen Ereignisse sind nur der Höhepunkt der Geschichte, die Gott viel früher schon begonnen hat. Wenn Paulus seinen nicht-jüdischen Zeitgenossen das Evangelium erklärt, beginnt er bei der Lehre vom Schöpfer-Gott, der «der allen Leben und Atem und überhaupt alles gibt» (Apg 17,25). Das Evangelium stellt uns also zuerst den Schöpfer vor.
Und der Schöpfer klärt uns im Evangelium jetzt auf über unsere Beziehung zu ihm: Er ist ein guter und heiliger Gott, aber wir sind nicht gut und heilig (vgl. Röm 1,18). Unsere Sünde zeigt sich darin: «Trotz allem, was sie über Gott wussten, erwiesen sie ihm nicht die Ehre, die ihm zukommt, und blieben ihm den Dank schuldig» (Röm 1,21). Bald wird aber ein gerechtes Urteil über alle Menschen gefällt werden. Wer wird der Richter sein? Jesus, wenn er wiederkommt in Macht und Herrlichkeit. Er wird endgültig die Spreu vom Weizen trennen. Ohne das letzte Gericht verstehen wir das Evangelium gar nicht. Aber warum ist es dann eine gute Nachricht?
Weil Jesus Christus eben stellvertretend für eine sehr grosse Schar von Menschen aus allen Zeitaltern und Völkern das Gericht schon über sich hat ergehen lassen. Jesus Christus hat mit seinem gerechten Leben und seinem Tod die Grundlage gelegt, dass der heilige Gott gerecht ist, wenn er sich erbarmt über ungerechte Menschen und ihnen seine bedingungslose Gnade erweist. Durch den Glauben an Jesus Christus werden wir mit ihm selbst verbunden auf ewig.
Das Evangelium führt uns zu einem Gott, der in seinem Wesen Liebe ist. Gott ist wie ein Hirt, der 99 Schafe zurücklässt, um ein einziges verlorenes Schaf zu suchen (vgl. Mt 18,12–14). Und wenn er es gefunden hat, führt er es wieder zu seiner Herde. Oder um ein anderes Bild zu brauchen aus dem Neuen Testament: Gott schafft sich wie ein Töpfer ein neues Volk, das ihn ehrt (vgl. Röm 9,21).
Das Evangelium ist auch heute noch Gottes Botschaft an alle Menschen. Es begegnet uns in der Bibel häufig im Imperativ (Befehlsform): «Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre!» (Offb 14,7). «Kehrt um und glaubt an (vertraut auf) das Evangelium!» (Mk 1,15). «Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du gerettet werden, du und dein Haus» (Apg 16,31).