Vor einiger Zeit schlenderte ich durch Zürich und kaufte in der Auslage eines Plattenladens einige Platten, die verschleudert wurden, darunter ein Album einer gewissen Ofra Haza. Ich kannte die Künstlerin nicht, aber irgendetwas an der Platte sprach mich an.
Als ich Monate später das Album anhörte, hörte ich zuerst arabische Texte, dann englische Texte und geheimnisvolle orientalische Melodien mit Popmusik der 80er Jahre. So weit, so interessant.
Aber dann horchte ich auf. Ich hörte den hebräischen Gottesnamen «El Shaddai». Das hatte ich nicht erwartet. Mit diesem Namen hat sich Gott den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob vorgestellt, als er ihnen auf ihren Wanderungen begegnete. Ich googelte Ofra Haza und fand heraus, dass sie eine israelische, jüdische Sängerin jemenitischer Abstammung war (daher die arabischen Texte).
Die leider jung verstorbene Sängerin ist mich eine Entdeckung. Ofra Haza schrieb und produzierte Popmusik mit ernsthaften Bezügen zur hebräischen Bibel und zu ihrem Judentum. Das Lied «Shaday», das mich aufhorchen liess, ist ein bewegendes Gebet:
Oh, Oh EL-SHADAY
Oh, Oh EL-SHADAY
Tell me who am I
Tell me who am I
Oh, EL-SHADAY
Many years and tears ago
My people were scattered
Taking with them broken souls
From homes, where time once mattered
My lovely Land, my lonely Land
Alone two thousand years
And now returned our Holy Land
But our fields are filled with tears
Es kann sein, dass für die Sängerin politische Themen mitschwingen (our fields are filled with tears). Ich höre im Lied aber vorallem die Jahrtausende währende jüdische Sehnsucht nach Zion.
Die Sehnsucht der Exiliierten nach dem verheissenen Land teilen wir Christen, wenn auch für uns das himmlische Jerusalem ein eschatologisches Ziel ist. Das wandernde Gottesvolk des Alten und Neuen Testament besteht aus Fremdlingen auf Erden, die ein Vaterland suchen (Hebräerbrief 11,14).
Für uns Kinder der Postmoderne ist das ein radikales (an die Wurzel unser Not gehendes) Gebet: Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, sage Du mir, wer ich bin. Amen.